Napoleon, ein Aggressor?

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  • Tellensohn
    antwortet
    Zitat von derHerzog Beitrag anzeigen
    @Tellensohn:
    Gerade dein Beitrag gibt mir recht.
    Nein, wieso?

    Zitat von derHerzog Beitrag anzeigen
    Deine Ausführungen messen wohl zweifellos den Beitrag des Nationalismus im 19.Jh zum Nationalsozialismus.

    Mit meinen Ausführungen will ich darauf hinweisen, dass übles nationalistisches, rassistisches und antisemitisches Gedankengut in den "Eliten" Deutschlands schon lange VOR den Nazis etabliert war und eben NICHT erst der Nazis bedurfte, um breite Anerkennung zu finden. Folgerichtig existiert es gerade deshalb auch ohne die NSDAP bis heute weiter. Die abscheuliche Denkungsart, die ich meine, ist nicht erst die der Nazis. Es ist die der genannten Hetzer und Geiferer der napoleonischen Zeit und eben deshalb ist es sehr wohl der Ungeist jener sogenannten "Befreiungskriege" der - ganz ohne Nazis - bis heute das "Nationalbewusstsein" rechter Kreise prägt. Und zwar eben gerade auch solcher, die sich bei jeder Gelegenheit fleissig von den Nazis distanzieren. Man kultiviert die Legende von den "Befreiungskriegen", gedenkt andächtig geistiger "Grössen" wie Kleist oder Arndt, und verschweigt, dass schon diese wie die Nazis gedacht haben. Die Botschaft an die breite Öffentlichkeit von heute: "Wir verehren ja 'nur' die Befreiungskrieger von 1813. Das waren ja keine Nazis. Und wir sind doch auch keine...". Da den meisten heutigen Deutschen der "Michael Kohlhaas" oder "Der zerbrochene Krug" um einiges geläufiger sind als "Germania an ihre Kinder", denken sie sich bei Kleist wohl kaum etwas Böses. Und von Körner haben sie vielleicht mal gehört, dass er ein toller Haudegen war, der es dem bösen Napoleon aber gezeigt hat...
    Zuletzt geändert von Tellensohn; 05.03.2012, 12:41.

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  • Sans-Gêne
    antwortet
    Preussen hat lediglich die Strömungen der Zeit aufgenommen und die Schutzfunktion des Kaisertums nach überbrachtem Muster erneuert.
    Daran gemessen, hat Preußen in seiner Schutzfunktion jedoch versagt, wenn es sich an Sachsen territorial bereicherte und den übrigen Teil Sachsen wenigsten temporär russischer Verwaltung und damit der Fremdherrschaft unterstellte. Hinsichtlich der offerierten Absicht der "Befreiung aller Toitschen" war der Wiener Kongress somit sogar ein preußische Offenbarungseid!
    Sachsen und andere Staaten bedurften dieser preußisch - deutschen "Schutzfunktion und Führung" zudem gar nicht, da sie von den Auswirkungen der Kontinentalsperre durch die traditionelle Ausrichtung von Handel - und Gewerbe über Österreich und Bayern in den süd - und südosteuropäischen Raum weniger bis gar nicht betroffen waren. Lediglich der Handel mit Russland brach ab 1810 weg. Was jedoch der Schmuggel und der österreichische Markt erfolgreich kompensierte.
    Auch darum war der Zulauf und die Unterstützung für paramilitärische Studentenbünde und Freikorps in Sachsen eher gering und wurde erst später nationalistisch überhöht und als "Mehrheitsmeinung" propagandistisch dargestellt.
    Preußen mag eine "Strömung der Zeit" in Preußen aufgenommen haben. Diese ist jedoch nicht ohne preußisches Zutun entstanden und schon gar nicht außerhalb Preußens von gleichem Widerhall gewesen. Auch wenn sich mit dem Verleger Palm, Theodor Körner und dem verwirrten Studenten Stabs, immer wieder Einzelbeispiele von Zeitgenossen außerhalb Preußens finden, die aus ihrer Zeit in Wort und Tat herausragten. Ein Ausdruck einer allgemeinen Volksmeinung waren sie nicht und schon gar nicht Ausdruck eines Volksaufstandes. Das war höchstens der Aufstand in Tirol. Und der beschränkte sich auf Tirol, weil die Tiroler als solche dachten und nicht etwa als Deutsche.

    Ein jedoch gutes Beispiel wie "glorreich" Preußen mit gestohlenen sächsischen Domänen wirtschaftlich scheiterte, ist das Ende des Gutes Wendelstein bei Querfurt, dessen Niedergang nach der preußischen Übernahme, zum Aussterben einer ganzen Pferde - Zuchtrasse führte.
    Sowas verbrämte man dann mit "Geschichtlein-fein" über den Lehrer Mund, der schon 1812 (!!!) die "schwarzen preußischen Husaren" in seinem Haus versteckt haben soll (die ihm sogleich von Lützow und Körner erzählten) und sich Ihnen dann anschloss, wie in die Ortschronik von Querfurt später völlig wirklichkeitsfern "hineinkorrigiert" wurde........ein Schelm......!
    Und sowas plappert die "Generation PISA" bis heute bereitwillig nach.
    Es wird Zeit, die Restaurationskriege 1813 mal von ihren Befreiungskriegslegenden zu befreien .
    Dann würde man vielleicht auch ein wirklichkeitsnäheres Bild darüber gewinnen, ob, für wen und in welchem Maße Napoleon ein Aggressor war.

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  • derHerzog
    antwortet
    @Tellensohn:
    Gerade dein Beitrag gibt mir recht.
    Zitat von derHerzog Beitrag anzeigen
    Das Nationalbewusstsein der Deutschen ist geprägt von den Hinterlassenschaften der Nationalsozialisten...Das ist wohl der Massstab, auf das irgendwie alles bezogen wird.
    Was ich damit sagen wollte, dass sich bei den Deutschen im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit der Historie alles um die Zeit des Nationalsozialismus bezieht und als Beitrag dazu bewertet werden.
    Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
    ... Die Wurzeln des Nationalbewusstseins eines nicht zu unterschätzenden Teils der Deutschen von heute (nämlich der nationalen Rechten ) liegen erkennbar im äusserst bedenklichen Weltbild einiger Vertreter der "geistigen Elite" im Deutschland der napoleonischen Zeit. Deren rassistisch-nationalistisch gefärbtes Gedankengut,...haben Nationalisten und Rassisten späterer Zeiten auf alles Nichtdeutsche übertragen und auch ohne TV bis in die heutige Zeit transportiert und am Leben erhalten. Die...protonazistischen „Vordenker" aus napoleonischer Zeit ... bis heute in der deutschnationalen Szene hochgeehrt. Dass manche dieser Herren auch bekennende Antisemiten waren, hat sie in einschlägigen Kreisen späterer Zeiten noch zusätzlich geadelt. ... Kein Napoleon, keine französische Besetzung kann diese abscheuliche Denkungsart rechtfertigen.
    Deine Ausführungen messen wohl zweifellos den Beitrag des Nationalismus im 19.Jh zum Nationalsozialismus.

    Die Entstehung des Nationalismus

    Allgemeines und Grundsätzliches
    Nationalismus ist keine deutsche Eigenheit. Nationalismus ging auch von Frankreich aus. Der Nationalismus war ein Konzept, um die Feudalgesellschaft zu überwinden.
    Der Kerngedanke des Feudalismus ist eine Tauschbeziehung, in der der Fürst seinen Untertanen Schutz, Sicherheit und Recht gibt und dafür von ihnen unterhalten wird. Durch die Vererbbarkeit der Adelstitel vergass die Aristokratie die mit ihren Ämtern verbundenen Aufgaben und scheiterte daran. Letztendlich wurde sie entbehrlich. Die verwaisten Landeskinder brauchten daraufhin ein neues identitätsstiftendes Konzept. Der Gedanke der Nation tat sich hervor.

    Kaisertum
    Was war der Sinn des deutschen Königstums, das ja seinen Ursprung im Mittelalter hatte?
    Eine Bevölkerung, deren Horizont sich allenfalls auf die Entfernung einer Tagesreise, was wohl so ungefähr ein paar Dutzend Kilometer waren, braucht kein einheitliches Rechtssystem und keinen einheitlichen Rechts- und Wirtschaftsraum über die Fläche Deutschlands hinweg.


    Antwort: Der König resp. Kaiser hatte die Aufgaben,
    • Schutz gegen Bedrohung von aussen durch die Heerfolge zu organisieren (Legitimation von unten- den Kurfürsten)
    • Bewahrer des Glaubens zu sein (Legitimation von oben-den Papst)
    Das Versagen der Habsburger im Kaisertum
    Durch die Reformation fiel die Legitimation von oben weg.
    Die Legitimation von unten begann durch die Ergebnisse der ersten beiden Koalitionskriege zu bröckeln. Unter der Führung von Habsburg gingen die linksrheinischen Gebiete vor allem auch der Kurfürsten verloren.

    Meiner Meinung nach versetzte nicht Napoleon dem Kaiserwürde des HRRDN den Todesstoss, sondern die Habsburger versemmelten das ganze selber:
    Dazu aus den Ausführungen von HKDW:

    Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
    Österreich ...musste am 26. Dezember 1802 eine Konvention abschließen, die ...der deutschen Kaiserwürde den Todesstoß gab.

    Auch beantwortete Bonaparte die Kriegserklärung Englands mit dem Ende Mai erfolgten Einmarsch in Hannover, das besetzt wurde.

    Als England sich an den Kaiser wandte – damit er als Oberhaupt des deutschen Reiches intervenierte – lehnte dieser ab.

    Wien sah auch Hannover lieber in französischen Händen als in preußischen.

    Österreich reagierte daraufhin recht unentschlossen – man wollte sich nicht zu sehr in die Arme Russlands werfen. Ebenso ablehnend standen die Österreicher den Preußen gegenüber, man wollte Preußen (den alten Feind, HKDW) – möglichst schaden und war auch auf Ländergewinn aus – Bayern bis zum Inn, wenn möglich bis zur Isar, ...
    Bonaparte nahm den Plan wegen Bayern so ernst, dass er 1804 mit Krieg drohte – Österreich musste daraufhin zurückrudern.

    Die Verletzung des Reiches mit der Entführung des Prinzen von Enghien brauchte den russischen Kaiser extrem auf – während Österreich nur auf eine nichtssagende Entschuldigungsformel pochte.

    Am 18. Mais 1804 nahm Bonaparte die vom Senat angebotene Kaiserwürde an. Preußen und andere Staaten erkannten die Kaiserwürde sofort an, Russland nicht und Österreich schwankte wieder hin und her. Man fürchtete um das Ansehen der römisch – deutschen Kaiserwürde.

    Der russische Kaiser ging seine eigenen Wege – am 21. Juli 1804 wurden in Paris (ohne die Österreicher zu informieren) ein Ultimatum überreicht, das die Entschädigung Piemonts und den Rückzug Frankreichs aus Hannover forderte.

    Österreich nun pendelte mal wieder gegen Napoleon ein ...

    Im Falle des Sieges sollte Österreich Salzburg und Bayern bis zum Inn ... erhalten.
    Die Kernfrage ist, inwieweit das Verhalten der Habsburger noch eines Kaisers und seiner Schutzaufgaben für das HRRDN würdig war:
    Das Tolerieren der Verletzung der Souveränität von Gebieten innerhalb des HRRDN wie bei der Entführung des Herzogs von Enghien sowie die Sache mit Hannover offenbaren die Schwäche des Habsburgischen Kaisertums deutlich.
    Völlig unwürdig der Kaiserkrone wurde es durch das Streben nach eigenem Gebietsgewinn auf Kosten Bayerns und durch den Angriff auf das Gebiet des Bayerischen Kurfürsten.
    Die Drohung 1804 machte Napoleon als Schutzmacht für die Bayern glaubwürdiger. Habsburg selber war nurmehr Bedrohung für Bayern.
    Von daher mag der Wechsel auf die Seite Napoleons durch die Bayern verständlich sein.
    Die Habsburger haben durch ihr Handeln im Vorfeld des 3.Koalitionskrieges zwei Kurfürsten und damit das Reich verraten.
    Dadurch wurde die Deutsche Kaiserkrone wohl obsolet.

    Das konnte auch die Preussen nicht überzeugen.
    Zitat von Lavalette Beitrag anzeigen
    Und Preußen hatte bis zum Schluß des HRRDN eine Kurfürstenwürde inne. Was immer die auch noch wert war.
    Eben! Kleine Anmerkung noch: Durch die Zustimmung zur Kaiserkrönung Napoleons haben sie sozusagen ihr Votum für den neuen Kaiser Napoleon gegeben. (=Misstrauensvotum an Habsburg)

    Hätte sich Habsburg nicht dem Egoismus hingegeben und Größe mit den Bayern bewiesen, indem sie den Wittelsbachern die strittigen Gebiete überlies, wäre das für die Einheit des Reiches besser gewesen. Man hätte Frankreich auch direkt angreifen können, anstatt den Konflikt auf dem Gebiet des HRRDN auszutragen. Ich denke, die Kampfhandlungen in Ulm und um Ulm herum haben die Beliebtheit der Habsburger im Reich erst recht beendet. Damit wurden sie innenpolitisch im Reich endgültig zur Nullnummer.

    Ich komme zum Schluss, dass das totale Versagen der Habsburger in der Rolle des Kaisers der beste Grund für den Rheinbund war und die Rolle der Schutzmacht zurecht an das napoleonische Frankreich überging.

    Aber vergegenwärtigen wir uns, dass diese Überlegungen bisher nur auf der Ebene der Herrschaftsgeschlechter, des Adels stattfanden.

    Das Versagen des Deutschen Adels
    Was die Beziehung des Volkes zu den Herrscherhäusern angeht, mag das ständige jahrhundertelange Geschacher um Land und Leute die Liebe des Volkes zu "ihren" Fürsten erkalten lassen haben.
    Tolles Beispiel hat Nikolaj geliefert:
    Zitat von Nikolaj Beitrag anzeigen
    In Rechnung stellen wird man auch die tiroler Mentalität, die auch die Habsburger nur darum akzeptierten, weil sie auch Grafen von Tirol waren ;-)
    Man konnte sich eben wenig mit neuen Machthabern identifizieren.
    Einen Höhepunkt erreichte dieses Geschacher letztendlich zum Reichsdeputationshauptschluss 1803. Diese totale Neuordnung Deutschlands löste wohl die Identifikation mit dem herrschenden Adel bei vielen Leuten in Deutschland auf. Dazu kamen die Umbrüche im geltenden Recht. Die Abschaffung der Zünfte z.B. und die Einführung neuer Gesetze verunsicherten sicher weite Kreise der Gesellschaft.
    Damit hat der Adel auch gegenüber dem Volk als Garant für Schutz und Sicherheit versagt.
    Was das Französische angeht, war das nicht nur die Sprache der Franzosen, sondern auch die des nunmehr dem Volke zunehmend entfremdeten Adels in Deutschland.
    Damit ist die Deutsche Sprache und wohl auch das Deutschtum insgesamt ein Zeichen der Emanzipation und Autonomie gegenüber den bisher Herrschenden, was den Nationalismus in Deutschland auch befördert haben wird.

    Die Initiative der Hohenzollern und ihr Scheitern
    Zitat von Sans-Gêne Beitrag anzeigen
    Also musste durch Preußen eine Legende um die „Toitschen" gestrickt werden, die es zu befreien galt. ... Man konnte den Angriffs - und Okkupationskrieg zu ... einer allgemeinen deutschen Angelegenheit umdichten und kaschieren.
    Aus obigen Überlegungen heraus sehe ich das nicht ausschliesslich so.
    Preussen hat lediglich die Strömungen der Zeit aufgenommen und die Schutzfunktion des Kaisertums nach überbrachtem Muster erneuert. Die Hohenzollern haben die Führungsrolle vor allem im Militärischem übernommen und das Reich durch Kriege gegen die umliegenden Staaten - Dänemark, Österreich und schliesslich Frankreich neu etabliert.
    Überflüssigerweise, möchte ich sagen, denn das Aufkommen der Eisenbahn erweiterte die wirtschaftlichen Möglichkeiten und damit den Bedarf nach einheitlichem Recht und Wirtschaftsräumen. Aber da sie eben Adelige waren, verharrten sie in ihrer Denke,die traditionell vom Kriegführen bestimmt war. Das war ja ursprünglich die Aufgabe des Adels. Sie scheiterten schliesslich an ihrem Militarismus.
     

     
    Zuletzt geändert von derHerzog; 25.02.2012, 14:13.

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  • Nikolaj
    antwortet
    Servus allseits,

    [quote=Mephisto;17104]

    Ich möchte mich auf ein sehr interessantes Posting von Klaus (Nikolaj) beziehen.
    Ich finde es bemerkenswert, wenn er bemerkt, dass die Auffassung von Napoleon in
    seinem Lande (Österreich) eine andere, wohlmöglich weniger feindliche sei als in Deutschland.
    Ist das so?!?
    Ist sie nicht vielmehr genauso gespalten wie in diesem Thread?

    Gespalten - mit Blickwinkel auf den Sonderfall Tirol - da stimme ich zu. Tatsächlich war Tirol der einzige Teil des heutigen Österreich, der eine längere Besatzung hatte. Spannend in dem Zusammenhang auch, dass, was N. in den Rheinbundstaaten anfangs noch durchaus Sympathien brachte, nämlich die liberalen gesellschaftspolitischen Ansätze, ihn in Tirol durchaus zur Unperson machten - vor allem aus religiösen Gründen. In Rechnung stellen wird man auch die spezielle, sehr autarke tiroler Mentalität, die auch die Habsburger nur darum akzeptierten, weil sie auch Grafen von Tirol waren ;-)

    Für die östlicheren Bundesländer behalte ich meine Einschätzung bei. Hier gab es keine längeren Besatzungen. Eine kursorische Durchsicht der Archive zweier grosser Tageszeitungen (jeweils ein Jahrgang) hat auch das Ergebnis gebracht, dass Napoleon hier fallweise als Metapher bzw. als Träger kleiner journalistischer Polemiken herhalten muss (etwa in Zusammenhang mit Berlusconi oder Sarkozy, als Metapher für Grössenwahn oder in Anspielung auf körperliche Eigenschaften). Eine echte Auseinandersetzung mit seiner Person fand ich (bislang) nicht.

    Echte Unterschiede im Sinne der Aussage von Mephisto finden wir aber, wenn wir uns die Napoleonrezeption in den ehemaligen österreichischen Kronländern ansehen. Polen etwa, oder auch Kroatien, in denen Napoleon im durchaus positiven Sinn Teil des nationalen Mythos geworden ist.

    Der daraus abgeleitenden mephistopheletischen These stimme ich daher durchaus zu. Allerdings - wie Marie - auch mit der Einschränkung, dass sozikulturelle Prägungen keine Ausrede sind

    Ciao, Klaus
    Zuletzt geändert von Nikolaj; 25.02.2012, 12:16.

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  • Marie
    antwortet
    Zitat von Mephisto Beitrag anzeigen
    Kurze Anmerkung am Rande:
    Selbst wenn ich nicht falsch liege, dann hiesse das noch lange nicht,
    dass ein Sachse oder Bayer oder Hansestädter (!) automatisch zum Napoleoniden werden würde.
    Nach Abschluss seiner Studien landet er vielleicht mit seinem Urteil da,
    wo der eingefleischte Preiß schon lange steht.
    Mag so sein...
    Aber sein Weg war ein anderer.
    So hatte ich das auch verstanden. Man geht je nach Hintergrund anders an die Sache heran, aber Fakten bleiben Fakten und können ein Urteil in beide Richtungen verändern.

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  • Lavalette
    antwortet
    Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
    Fazit: Preussen hat 1806 Napoleon OHNE NOT den Krieg erklärt, einen Krieg, den dieser nicht wollte. Und es traf auch ganz konkret die entsprechenden Kriegsvorbereitungen. Damit liegt die volle Verantwortung für den Angriff Napoleons auf Preussen im Jahre 1806 bei Preussen selbst.

    So ganz ohne Not hat Preußen den Krieg 1806 auch nicht erklärt. Immerhin hatte es von Napoleon Hannover in Verwaltung genommen (Mortier rückte 1803 dort mit Truppen ein). 1806 hat Napoleon bei Verhandlungen mit England aber Hannover wieder ins Spiel gebracht. Das wurde natürlich in Preußen überhaupt nicht gerne gesehen, wollte es doch das Land endgültig in Besitz nehmen. Schlag nach bei Tulard beispielsweise.

    Und Preußen hatte bis zum Schluß des HRRDN eine Kurfürstenwürde inne. Was immer die auch noch wert war.
    Zuletzt geändert von Lavalette; 25.02.2012, 18:17.

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  • Mephisto
    antwortet
    Huuups....hab' ich da "Goethe" gehört!?!?!

    Gustav Seibt
    Goethe und Napoleon
    Eine historische Begegnung

    Ein Traum von einem Buch!!! Gerade und ganz besonders für Deutsch-Nationale geeignet!!!
    (Ironie! Absolute Empfehlung!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!)
    Zuletzt geändert von Mephisto; 24.02.2012, 22:29.

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  • Tellensohn
    antwortet
    Zitat von derHerzog Beitrag anzeigen
    Eine interessante Erkenntnis ist für mich, wie schnell man bei diesem Thema wieder bei A.H. angekommen ist.

    Womit ich kurz auf die Frage von Nikolaj zurückkommen will:

    "Kann es sein, dass die sogenannten Befreiungskriege in Deutschland auch aktuell noch viel mit dem Nationalbewusstseins zu tun haben? "

    Nein, meiner Ansicht nach nicht. Das Nationalbewusstsein der Deutschen ist geprägt von den Hinterlassenschaften der Nationalsozialisten. Eine Auseinandersetzung mit deutscher Geschichte vor dem 20 Jahrhundert findet kaum statt. Es beginnt hauptsächlich mit Wilhelm II als Vorlauf zur Weimarer Republik, dem 3. Reich und dem 2. Weltkrieg. Das ist wohl der Massstab, auf das irgendwie alles bezogen wird.
    Das kann aber meiner Meinung nach auch darauf zurückzuführen sein, dass es für die Zeit davor eben noch kein Filmmaterial gibt. Wenn also die ÖR Sender hierzulande wieder Sendezeit füllen müssen, gehen sie ins Archiv und holen die Filmrollen von damals raus. Kost ja fast nix und dann können Sie die Gebühreneinnahmen für andere Sachen verbraten. Aber das nur am Rande.

    Das sehe ich nicht ganz so. Die Wurzeln des Nationalbewusstseins eines nicht zu unterschätzenden Teils der Deutschen von heute (nämlich der nationalen Rechten - nicht allen steht "NPD" oder ähnliches auf der Stirn geschrieben...) liegen erkennbar im äusserst bedenklichen Weltbild einiger Vertreter der "geistigen Elite" im Deutschland der napoleonischen Zeit. Deren rassistisch-nationalistisch gefärbtes Gedankengut, das sich nicht nur gegen die "Unperson" Napoleon, sondern auch gegen alles Französische und die Franzosen als Volk richtete, haben Nationalisten und Rassisten späterer Zeiten auf alles Nichtdeutsche übertragen und auch ohne TV bis in die heutige Zeit transportiert und am Leben erhalten. Die Namen der protonazistischen „Vordenker“ aus napoleonischer Zeit sind in diesen Kreisen bis heute bestens bekannt und ihnen heilig: Kleist, Arndt, Körner, Fichte, Jahn... Alles Zeitgenossen Napoleons, alles Franzosenhasser, seit dem 19. Jahrhundert bis heute in der deutschnationalen Szene hochgeehrt. Dass manche dieser Herren auch bekennende Antisemiten waren, hat sie in einschlägigen Kreisen späterer Zeiten noch zusätzlich geadelt. Wiederkehrende Versuche, die protonazistische Gesinnung all dieser Herren zu leugnen, scheitern an deren eigenen Aussagen. Und es gab nichts und niemanden, der sie dazu gezwungen hätte, so zu denken, wie sie es getan hatten. Goethe oder Hegel haben nie so gedacht. Kein Napoleon, keine französische Besetzung kann diese abscheuliche Denkungsart rechtfertigen.

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  • Mephisto
    antwortet
    Kurze Anmerkung am Rande:
    Selbst wenn ich nicht falsch liege, dann hiesse das noch lange nicht,
    dass ein Sachse oder Bayer oder Hansestädter (!) automatisch zum Napoleoniden werden würde.
    Nach Abschluss seiner Studien landet er vielleicht mit seinem Urteil da,
    wo der eingefleischte Preiß schon lange steht.
    Mag so sein...
    Aber sein Weg war ein anderer.
    Zuletzt geändert von Mephisto; 24.02.2012, 21:45.

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  • Mephisto
    antwortet
    @Sans-Gene
    Ich kann Dir nicht rundweg widersprechen....;
    bin alllerdings der Meinung, dass die erste Berührung mit der Materie stark
    von der (vorherigen) Prägung des Menschen abhängt.
    "Der erste Eindruck" ist dann bisweilen schwer zu modifizieren.
    Jemand, der sich Napoleon nicht schon von Beginn an negativ nähert,
    hat es leichter, ihn nicht auch zugleich von Anfang an zu verdammen (meine These).
    Erst spät habe ich von der Teilnahme der Bremer am Feldzug 1815 mitbekommen.
    Bis dahin hatte ich einfach keine Zeit, mich übereilt emotional auf ihre Seite zu schlagen...

    Ich meine das reine "Bemühen" darum objektiv zu bleiben ist das A und O.
    Die Umsetzung ist schwer, ich weiß .

    "Nichts ist gut - ausser dem Willen Gutes zu tun"....
    Zuletzt geändert von Mephisto; 24.02.2012, 21:20.

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  • Sans-Gêne
    antwortet
    @mephisto
    Ist das so einfach, die Sicht auf die Person der Zeitgeschichte Napoleon, von der landsmannschaftlichen Herkunft oder Verhaftung abzuleiten?

    Ich kenne viele Leute, die sich zunächst über den geförderten Nationalismus der DDR, dem Thema Napoleon (und der Französischen Revolution, beides halte ich für untrennbar) genähert haben und erstmal glühende Verehrer Theodor Körners waren. Jedoch im Laufe der Zeit und in der Tiefe der Details, dann auf die verschiedenen Facetten der französischen Seite wechselten, da ein innerer Perspektivwechsel bei der Geschichtsbetrachtung stattfand. Unabhängig davon, ob sie heute in Berlin oder in Leipzig wohnen.
    Ich glaube daher, dass es etwas damit zu tun hat, wie weit man bereit ist, sich auf eine gesamteuropäische Sicht einzulassen, wie man Napoleon dann folglich als Politiker, Privatmann und Militär einordnet.

    Leute die einfache Lösungen lieben, werden Ferdinand von Schill und Adolf von Lützow für militärische Helden halten oder Napoleon für seinen Russlandfeldzug für einen großen Organisator.
    Die umfassende Sicht der Dinge und Nähe zur Person, liegt jedoch stets im Kontext. Und die Dinge genau betrachten, kann ein Hamburger ebenso wie ein Münchner oder Dresdner.
    Zuletzt geändert von Sans-Gêne; 24.02.2012, 21:00.

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  • Marie
    antwortet
    Zitat von Mephisto Beitrag anzeigen
    Ist diese These gar zu verwegen? Jeder prüfe sich selbst.
    Nein gar nicht! Meine Gedanken ginge gestern in eine ähnliche Richtung. Ich möchte da noch einmal die von mir eingangs schon erähnten Onkels meines Mannes erwähnen. Ihr Empfinden und ihre Einschätzung Napoleons ist nicht nur durch die Zeit in der sie aufwuchsen geprägt, sondern auch durch ihren Stand. Die Familie ist hessischer Landadel und als solch waren sie unter Jerôme Offiziere und letzendlich hat der Kriegsdienst in Spanien und Russland einen ganzen Familienzweig ausgerottet. Das Herrenhaus musste wegen der 'Fenstersteuer' abgerissen werden usw. Die ganze Sippe (einschließlich meines Mannse) ist nicht sonderlich gut auf N. zu sprechen und das ist eben eng mit der Familiengeschichte verknüpft. Was hier im Kleinen für eine Familie gilt (und somit auch für das ganze Dorf, in dem 'Barons' lebten), gilt sicherlich ebenso für bestimmte Landstriche.
    Ich selbst stamme aus Mainz und da ist das Verhältnis ambivalent, in den letzten Jahren aber eher positiv (zumindest habe ich das so erlebt) und das mag meine Sicht der Dinge geprägt haben. Zumindest in meiner Familie (weit enfernt von jedem Adel) wurde N. nie negativ dargestellt, sondern besonderns der Code Civil hervorgehoben, der viele vorteilhafte Neuerungen brachte. Es könnte also was dran sein an deiner Theorie
    Gruß Marie

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  • Mephisto
    antwortet
    Hallo an alle,

    Ich möchte mich auf ein sehr interessantes Posting von Klaus (Nikolaj) beziehen.
    Ich finde es bemerkenswert, wenn er bemerkt, dass die Auffassung von Napoleon in
    seinem Lande (Österreich) eine andere, wohlmöglich weniger feindliche sei als in Deutschland.
    Ist das so?!?
    Ist sie nicht vielmehr genauso gespalten wie in diesem Thread?
    Ich kenne keine Statistiken dazu, möchte aber bemerken, dass ich persönlich den Eindruck gewonnen habe,
    dass die meisten Menschen Napoleon so auffassen wie ihre (zum Teil wohl auch selbstgewählten) Vorfahren.
    Soll heissen, dass noch heute ein Bayer, ein Sachse, etc.... (alles Deutsche)
    Napoleon vielleicht anders sehen als ein eingefleischter Preiß.
    Und das alles innerhalb ein und desselben Landes!
    Sind die Bewohner Österreich da so anders?
    Haben die Landsleute von Andreas Hofer das gleiche Empfinden wie die Hauptstadtbürger???
    Ich schätze nein.

    Napoleon anders zu sehen als ein Preiß...
    Als Hansestädter nehme ich das zumindest für mich in Anspruch.
    Die Preussen haben eine Großteil der Geschichte meines Landes bestimmt.
    Ich kann mich mit ihnen allerdings nicht identifizieren (natürlich ebensowenig wie mit den Bayern ;-)
    Ich nehme dadurch vielleicht eine etwas distanziertere (nicht unbedingt obkjektivere!) Stellung zu ihnen ein.
    Klaus macht kein Geheimnis aus seine k.u.k.-Affinität und beschreibt auch selbst wie es ihm dadurch schwerfällt
    eine neutrale Position N gegenüber einzunehmen. Bemühen ist ein Ansatz. ;-)
    Ich mutmasse (!), BorussenKanonier zBsp sieht sich als Sohn und Erbe Preussens
    und identifiziert sich und die Geschichte seines Landes mit den Preussen - zumindest mehr als meinereiner.
    Das würde uns unterscheiden - wenn denn meine Mutmaßung überhaupt zutrifft...
    Wenn nicht: Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel :-)


    Einerlei:
    Preussen war und ist eben nicht Deutschland.
    Und so leidet an der Niederlage/Erniedrigung Preussens auch heute noch (!) nicht jeder Deutsche
    - mancher aber doch wohl?!?
    Dementsprechend erscheint Napoleon dem einen aggressiver als dem anderen.

    Ist diese These gar zu verwegen? Jeder prüfe sich selbst.
    Zuletzt geändert von Mephisto; 24.02.2012, 20:36.

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  • derHerzog
    antwortet
    Hallo an alle!
    Als neuer Benutzer in diesem Forum bin ich doch etwas erstaunt, dass meine einfache Frage zu einem Thema, das bald 200 Jahre alt ist, doch noch so hohe Wellen schlägt und auch persönliche Kontroversen auslöst.

    Ich möchte auch alle Teilnehmer bitten,sachlich bei der Fragestellung zu bleiben!

    Die bezog sich lediglich darauf, dass Napoleon offensichtlich in der allgemeinen Wahrnehmung "überspannt" wahrgenommen wird und ob das tatsächlich angemessen ist.
    Eine interessante Erkenntnis ist für mich, wie schnell man bei diesem Thema wieder bei A.H. angekommen ist.

    Womit ich kurz auf die Frage von Nikolaj zurückkommen will:

    "Kann es sein, dass die sogenannten Befreiungskriege in Deutschland auch aktuell noch viel mit dem Nationalbewusstseins zu tun haben? "

    Nein, meiner Ansicht nach nicht. Das Nationalbewusstsein der Deutschen ist geprägt von den Hinterlassenschaften der Nationalsozialisten. Eine Auseinandersetzung mit deutscher Geschichte vor dem 20 Jahrhundert findet kaum statt. Es beginnt hauptsächlich mit Wilhelm II als Vorlauf zur Weimarer Republik, dem 3. Reich und dem 2. Weltkrieg. Das ist wohl der Massstab, auf das irgendwie alles bezogen wird.
    Das kann aber meiner Meinung nach auch darauf zurückzuführen sein, dass es für die Zeit davor eben noch kein Filmmaterial gibt. Wenn also die ÖR Sender hierzulande wieder Sendezeit füllen müssen, gehen sie ins Archiv und holen die Filmrollen von damals raus. Kost ja fast nix und dann können Sie die Gebühreneinnahmen für andere Sachen verbraten. Aber das nur am Rande.

    An KDF10: Das ist meine Frage und wenn der Thread geschlossen werden sollte, dann werde ich den admin selber drum bitten.

    Abschliessend nochmal der Appell, sachlich zu bleiben und zum eigentlichen Thema beizutragen.

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  • admin
    antwortet
    Zitat von KDF10 Beitrag anzeigen
    Mach ihn zu, einige wollen es hier nicht begreifen. Dass ich kein Hitler-Fan bin habe ich geschrieben.
    Das ist auch angekommen ... allerdings sind Vergleiche gerade mit dem Dritten Reich und dessen vernichtender Aggressionspolitik immer heikel und der Diskussion über "Napoleon als Aggressor" nicht dienlich.

    Von daher möchte ich den Thread noch offen lassen, bitte jedoch, dass man sich auf den Kontext, nämlich die Zeit von 1792 bis 1815 beschränkt. Für die Bewertung der "Aggression" von Ländern ist es natürlich hilfreich, sich die Historie davor anzuschauen; die Zeit danach wäre aber aus meiner Sicht nicht angemessen.

    Schöne Grüße
    Markus Stein

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