Napoleon, ein Aggressor?

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  • derHerzog
    antwortet
    Zitat von KDF10 Beitrag anzeigen
    Diese Definition ist mir zu einfach. Was ist denn mit einem Angriff, bei dem sich der Gegner nicht wehrt und es somit gar nicht zu einem Krieg kommt? Ist das dann keine Aggression? Z. B. die Besetzung des Vatikanstaates? Die Verschleppung des Papstes?
    Wir haben es hier mit einem äusserst komplexen Thema zu tun. Darum sollten wir zunächst mal Antworten auf einfache Fragen finden.


    die Antwort auf deine Frage steckt doch schon in der Frage: Es kommt hierbei eben nicht zu einem Krieg. Die kampflose Einnahme ist der Extremfall einer gerade noch friedlichen Expansion.

    Du sprichst von einem "Angriff", bei dem der Gegner sich nicht wehrt.
    Um die Grenze jetzt mal ganz scharf zu ziehen:
    Setzt der Angreifer dabei Waffen ein, um mögliche Verteidigungsstellungen oder Einrichtungen zu zerstören, ist es Aggression, weil offenbar mit Gegenwehr gerechnet wird.
    Fällt kein Schuss, ist es noch friedliche Expansion, auch wenn das beschönigend klingt. Aber es kommt dabei eben nicht zum Krieg.

    Wir sollten hier berücksichtigen, dass Krieg eben kein politisches Mittel der Stärke ist, sondern das Mittel des Überforderten.
    Eine Mächtiger hat eben noch eine Vielzahl anderer Optionen seinen Willen, seine Expansion voranzutreiben, die sich aber auch, je weiter er geht, allmählich erschöpfen.

    Napoleon wurde aggressiv im Sinne meiner Frage, als er an die Grenzen seiner Macht, seines Einflusses und auch seiner Unterdrückungsmöglichkeiten stiess. Hierbei ging es v.a. um die Durchsetzung der Kontinentalsperre in Portugal und in Russland.

    In meinem obigen Beitrag habe ich auch erwähnt, dass die Frage nach der Kriegsschuld eine weitergehendere,komplexere ist. Dazu bedarf es aber eines eigenen Threads.
    Dort ist zu erörtern, inwieweit Napoleons Expansionsstreben provokant, also zu Angriff reizend oder zur Verteidigung nötigend war.

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  • Lavalette
    antwortet
    Zitat von Tellensohn Beitrag anzeigen
    ...und nicht alle anderen Zeugnisse haben über Napoleon nur Schlechtes zu sagen.
    Und diese sind dann auch nicht immer objektiv!

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  • KDF10
    antwortet
    Diese Definition ist mir zu einfach. Was ist denn mit einem Angriff, bei dem sich der Gegner nicht wehrt und es somit gar nicht zu einem Krieg kommt? Ist das dann keine Aggression? Z. B. die Besetzung des Vatikanstaates? Die Verschleppung des Papstes?

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  • derHerzog
    antwortet
    Der in der Frage verwendete Begriff "Aggressor" ist nicht eindeutig. Daher widerspiegelten sich in den Antworten verschiedene Auffassungen über seine Bedeutung. Deshalb habe ich ja im Verlaufe des Fadens präzissiert, was im Sinne meiner Frage unter Aggressor zu verstehen ist.
    Aggressor in der Ausgangsfrage ist, wer einen "Angriffskrieg" führt.
    Die Bedeutung von Angriffskrieg habe ich auch mitgeliefert. Ich denke der Begriff ist genau genug beschrieben.

    Zitat von Nikolaj Beitrag anzeigen
    Dennoch:
    bei dem Satz: "Erst wer zum Krieg als politisches Mittel greift, ist Agressor im Sinne der Frage" hab ich als alter Soldat
    schon mal schlucken müssen.
    Seit Clausewitz´ Standardwerk "Vom Kriege" (1832) wird - und das ist bis heute unbestritten - "Krieg" als Instrument der
    Politik gesehen. Den Krieg als Selbstzweck, ohne politischen Zweck gibt es nicht.
    Verstehe. Den Satz hab ich auch nicht so gemeint, wie er dasteht. Richtiger wäre gewesen: Erst wer zum Angriffskrieg schreitet, ist Aggressor im Sinne der Frage.
    Ich werde das entsprechend korrigieren.
    Zitat von KDF10 Beitrag anzeigen
    War der Angriff auf Preußen 1806 deshalb eine Aggression? Es gab zwar eine preußische Kriegserklärung, aber der Angriff erfolgte durch Frankreich. Heute nennt man so etwas, Präventivschlag, bleibt aber trotzdem ein Angriff. Zu 1 muss ich wohl nichts schreiben, erklärt sich von selbst.
    Ich denke, wir sollten, um die Frage beantworten zu können, die Art wie Napoleon den Krieg zu führen pflegte, eben offensiv, von der Frage des Angriffskrieges loslösen. Wie Nikolaj eben anführte, sind das Fragen unterschiedlicher Ebenen, eben der militärischen und der politischen. (http://www.napoleon-online.com/forum...3&postcount=53)
    Die Kriegserklärung ist klar ein politischer Akt. Der Befehl oder die Zustimmung von Seiten einer Regierung für einen Angriffskrieg ebenso.

    Auf eine Kriegserklärung hin hätte jede Regierung der Welt das Recht, den Krieg auf dem Gebiet des Gegners auszutragen. Hauptgrund ist die Schonung des eigenen Landes und der eigenen Bevölkerung. Dazu kommen militärische Gesichtspunkte (Überraschungsmoment o.ä.) Aus diesem Grunde ist wohl die erhaltene Kriegserklärung zu Recht ein Ausschlusskriterium (Punkt 3) für den Angriffskrieg. (s.o: http://www.napoleon-online.com/forum...2&postcount=52)
    Ein Präventivschlag wäre wohl Punkt 2, wenn ein Angriff unmittelbar bevorstehen würde. Das lässt aber etwas Interpretationsspielraum.

    Wie ich bereits in meiner Zusammenfassung am 18.02. (http://www.napoleon-online.com/forum...8&postcount=38) geschrieben habe, kann man Napoleon nicht ausschliesslich als Aggressor bezeichnen. Von den Kriegen, die ab 1799 geführt wurden, sind eben nur der Russlandfeldzug und der Angriff auf Portugal Angriffskriege Napoleons.

    Davon unberührt sind jedoch weiter gefasste Überlegungen bezüglich der "Kriegsschuld".(HKDW hat hier dankenswerterweise einiges zusammengetragen) Hier mag das expansive Verhalten Napoleons sicher beigetragen haben, das sollte aber aufgrund der Komplexität Thema eines eigenen Threads sein.
    Zuletzt geändert von derHerzog; 21.02.2012, 07:45.

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  • KDF10
    antwortet
    Für das Wort Aggression gibt es zwei Begriffserklärungen, lt. Brockhaus (2007).

    1.) Psychologie: Angriffshaltung gegenüber Menschen, ... Gegenständen oder Einrichtungen mit dem Ziel sie zu beherrschen, zu schädigen oder zu vernichten...

    2.) Völkerrecht: Angriffshandlung eines Staates gegen einen anderen. A.-Verbot (Briand-Kellog-Pakt, UN-Charta), sodass A. völkerrechtswidrig sind; erlaubt sind nur individuelle und kollektive Verteidigungshandlungen gegen Agressionen.

    War der Angriff auf Preußen 1806 deshalb eine Aggression? Es gab zwar eine preußische Kriegserklärung, aber der Angriff erfolgte durch Frankreich. Heute nennt man so etwas, Präventivschlag, bleibt aber trotzdem ein Angriff. Zu 1 muss ich wohl nichts schreiben, erklärt sich von selbst.

    P.S.: "Weltlexikon in 21 Bänden" Band 1 A-ATN
    Zuletzt geändert von KDF10; 20.02.2012, 17:19.

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  • Chasseur
    antwortet
    Laut Duden Band 5 Fremdwörter


    Aggression:
    rechtswidriger Angriff auf ein fremdes Staatsgebiet, Angriffskrieg.

    Aggressor: rechtswidrig handelnder Angreifer

    Duden schätze ich als Quelle um einiges höher als Wikipedia

    Chasseur

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  • KDF10
    antwortet
    Offensichtlich geht es hier nicht um das Thema Aggressor, sondern Angriffskriege Napoleons. Da hier die Wikipedia zum Thema Angriffskrieg zitiert wurde, zitiere ich mal aus dem Artikel Aggression: " Agression ist Verhalten mit der Absicht, jemanden zu schaden." Nach der Definition würde sogar schon die Absicht reichen.

    Gruß

    Dieter

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  • KDF10
    antwortet
    Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
    Cronin ist ja recht pro - N, Tulards Biographie halte ich für rechts ausgewogen und als Gegenpart von Cronin natürlich - mein Favorit - Presser.
    Presser sollte man unbedingt lesen, gibt es auch in Bibliotheken zum Ausleihen, jedenfalls in der hiesigen. Empfehlen kann ich auch Georges Lefebvre "Napoleon". Ist zwar schon etwas älter, aber immer noch gut. Lefebvre war Professor für Geschichte der französischen Revolution an der Sorbonne.

    Gruß

    Dieter

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  • HKDW
    antwortet
    @derHerzog
    Hier meine Zusammenfassung - die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt aber zeigen soll, wie komplex doch die ganze Entwicklung vom Frieden bis zum Krieg war und warum hier kaum einer einen Heiligenschein beanspruchen kann, auch nicht Napoleon.

    Entwicklung zum Krieg 1805

    Mit dem Frieden von Lunneville – 9.2.1801 schlossen Österreich und Frankreich Frieden.

    Österreich verlor zwar die Niederland aber bekam dafür die Gebiete der Venezianischen Republik (Oberitalien bis an die Etsch), Istrien, Dalmatien und Cattaro.

    Außerdem schlossen noch Russland, Neapel, Portugal und die Türkein mit Frankreich Frieden.

    Am 1. Oktober schlossen Frankreich und England einen Präliminarfrieden von London.

    Am 27. März 1802 wurde der Friede zu Amiens zwischen England und Frankreich endgültig ratifiziert, nachdem England mit der Ausnahme von Cylon und Trinidad an Frankreich, Holland und Spanien, Malta aber an den Johanniterorden zurückgeben sollte.

    Die Deutsche Entschädigungsfrage (Verlust der Linksrheinischen Gebiete) wurde unter dem Vorsitz Russland geführt .
    Der österreichische Protest gegen den Vorschlag der Preußen nach österreichischer Auffassung zwei Drittel mehr bewilligte wurde abgewiesen und Österreich ganz von den Verhandlungen ausgeschlossen.

    Bonaparte schloss mit Württemberg am 20. Mai 1802 einen Separatvertrag.

    Am 23. Mai 1802 versprach Preußen in einer geheimen Übereinkunft reiche Entschädigung.

    Am 24. Mai wurde mit Bayern eine Konvention abgeschlossen – der diesem neben anderen reichen Entschädigungen auch ein Teil des Bistums und die Stadt Passau zugeschlagen wurden, also Gebiete, die bisher als Entschädigung für den Österreich nahestehenden Großherzog von Toskana bestimmt waren.

    Ebenso erfolgten Geheimverträge mit Baden und Hessen-Darmstadt.

    Am 2. Juni einigten sich Frankreich und Russland auf einen für Österreich nachteiligen und tief verletzenden Entschädigungsplan, Österreich erfuhr davon erst aus dem Moniteur – wie von den Abmachungen der deutschen Fürsten mit fremden Mächten.
    Für die deutsche Großmacht und Inhaber der deutschen Kaiserkrone sicherlich eine sehr beleidigendes und verletzendes Vorgehen.

    Am 24. August 1802 wurde der französisch-russische Entschädigungsplan beim Reichstag in Regensburg überreicht – innerhalb von 2 Monaten sollte er in Kraft treten.

    Österreich versuchte das zu verhindern, vergeblich und es musste am 26. Dezember 1802 eine Konvention abschließen, die dem Entschädigungsplane Frankreichs und Russland Geltung verschaffte und damit der deutschen Kaiserwürde den Todesstoß gab.

    Der Friede von Amiens hatte viele Streifragen zwischen Frankreich und England offen gelassen.

    Statt eines Aufblühen des englischen Handels – erschwerte Bonaparte die englischen Einfuhren in Frankreich, Holland und Italien.
    England dagegen weigerte sich Malta zu räumen.
    Dafür annektierte Bonaparte das Piemont und Elba.

    Am 8. März 1803 verlangte das englische Parlament Mittel zur Verteidigung gegen die drohende Landung wegen angeblicher Rüstungen Frankreichs in französischen und holländischen Häfen.
    Als ein englisches Ultimatum nicht angenommen wurde, verließ der englische Gesandt am 12. Mai Paris.

    Bonaparte begann sofort mit großen Vorbereitungen zur Landung in England – die anfangs im Herbst 1803 geplant war. Eine Armee von 150 000 Mann wurde in sechs Lagern konzentriert.
    Holland musste seine Flotte in Frankreichs Diensten stellen – auch Spanien und Portugal wurden gezwungen Bonaparte Heerfolge zu leisten.

    Auch beantwortete Bonaparte die Kriegserklärung Englands mit dem Ende Mai erfolgten Einmarsch in Hannover, das besetzt wurde.

    Als England sich an den Kaiser wandte – damit er als Oberhaupt des deutschen Reiches intervenierte – lehnte dieser ab.
    Wien sah auch Hannover lieber in französischen Händen als in preußischen.

    Überdies rückten französische Truppen in Neapel ein und besetzten alle Häfen.

    England sah sich durch die gewaltigen Rüstungen Bonapartes bedroht und versuchte eine Koalition von Kontinentalmächten gegen Frankreich zu Stande zu bringen.
    Besonders in Russland fielen diese Bemühungen auf günstigen Boden.

    Der russische Kaiser meinte 1803 dass man Frankreich in seine Schranken weisen sollte.

    Russland bot 1804 an – die Österreicher mit 90.000 Mann zu unterstützen und auch ein Reservekorps auszustellen um die Preußen falls nötig in Schach zu halten.

    Österreich reagierte daraufhin recht unentschlossen – man wollte sich nicht zu sehr in die Arme Russlands werfen. Ebenso ablehnend standen die Österreicher den Preußen gegenüber, man wollte Preußen (den alten Feind, HKDW) – möglichst schaden und war auch auf Ländergewinn aus – Bayern bis zum Inn, wenn möglich bis zur Isar, in Italien – bis an die Adda und den Po.

    Bonaparte nahm den Plan wegen Bayern so ernst, dass er 1804 mit Krieg drohte – Österreich musste daraufhin zurückrudern.

    Die Verletzung des Reiches mit der Entführung des Prinzen von Enghien brauchte den russischen Kaiser extrem auf – während Österreich nur auf eine nichtssagende Entschuldigungsformel pochte.

    Am 18. Mais 1804 nahm Bonaparte die vom Senat angebotene Kaiserwürde an. Preußen und andere Staaten erkannten die Kaiserwürde sofort an, Russland nicht und Österreich schwankte wieder hin und her. Man fürchtete um das Ansehen der römisch – deutschen Kaiserwürde.

    Erst nach langen Verhandlungen und nach Napoleons Zugeständnis, dass die römisch-deutsche Kaiserwürde Vorrang hätte – wie der Annahme des Titels Kaisers von Österreich erkannte Österreich im August die französische Kaiserwürde an.

    Auf der einen Seite, durch die langen Verhandlungen erregte man den Unmut Napoleons und auch Russlands (durch die Annahme der französischen Kaiserwürde).

    Erzherzog Karl – verfasste ein Memorandum – in dem er ein Bündnis mit Frankreich für äußerst vorteilhaft für Österreich – sah.

    Der russische Kaiser ging seine eigenen Wege – am 21. Juli 1804 wurden in Paris (ohne die Österreicher zu informieren) ein Ultimatum überreicht, das die Entschädigung Piemonts und den Rückzug Frankreichs aus Hannover forderte.
    Napoleon gab auf dieses Ultimatum keine Antwort.

    Österreich nun pendelte mal wieder gegen Napoleon ein und man war gerade über die Umwandlung Italiens in ein Königreich beunruhigt, da man eine Ausdehnung derselben – befürchtete.

    Dies trieb Österreich wieder in die Armee Russlands und man schloss schließlich am 6.11. 1804 eine Defensivkonvention miteinander. Bei dem geringsten Übergriff Napoleons sollten 350.000 Mann unter Waffen treten. Ein Angriff Frankreichs auf Neapel sollte schon auch als Kriegsfall erachtet werden.

    Im Falle des Sieges sollte Österreich Salzburg und Bayern bis zum Inn, die Adda- und Po Grenzen und die Wiedereinsetzung des Großherzogs von Toskana erhalten.

    Napoleon entgingen diese Abmachungen allerdings nicht und traf schon gewisse Vorbereitungen – falls es zu einem Krieg mit Österreich / Russland kommen sollte.

    Ein Krieg in Zentraleuropa war aber nicht gerade in Napoleons Interesse, wollte er doch England angreifen.

    Die ganze Gliederung, wie auch die amphibischen Übungen der Armee rund um Boulogne lasen doch den Schluss auf eine Invasionsarmee gegen England und nicht gegen Österreicher zu.

    Aber trotzdem beobachtete Napoleon alle Vorgänge in Österreich sehr wachsam um für einen Krieg in Europa gerüstet zu sein.

    Am 11. April 1805 wurde die Allianz zwischen Russland und England perfekt – ohne dass allerdings Österreich den Verhandlungen zugezogen wurde.
    Es wurde den Österreichern aber großzügig freigestellt der Allianz beizutreten und dann würden die Österreicher 1.250 000 Pfund Subsidien und dazu 520.000 Pfund als Mobilisierungsbeitrag.

    Am 4. Juni 1805 beschließt Napoleon Parma, Piacenza und das Gebiet der ligurischen Republik – seinen Machtbereich einzuverleiben.
    Was wiederum die Gemüter im restlichen Europa in Aufregung versetzt.

    Nach langem Hin und Her schließt sich am 28. Juli 1805 Österreich der Koalition mit Russland und England in St. Petersburg formell an. Es bekommt im Jahr 1805 von England Subsidien von 3 Millionen Pfund – die Hälfte ist sofort als Mobilisierungsbeitrag auszuzahlen.

    Somit war dann endgültig der Krieg beschlossen, ein Einmarsch der Rußen aufs österreichische Gebiet musste für Napoleon die Kriegserklärung bedeuten.

    Napoleon wollte den Krieg in Zentraleuropa zu diesen Zeitpunkt aber nicht, denn seine Armee um Boulogne war für den Angriff auf England vorgesehen und eigentlich nicht richtig für einen Landkrieg in Europa.

    Die folgenden Verhandlungen und Drohungen gegenüber Österreich nützen nichts mehr – Ende August erkennt Napoleon endgültig, dass er seinen Invasionsplan Englands gegenüber aufgeben muss um die Koalition in Europa zu besiegen.

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  • Nikolaj
    antwortet
    @Herzog,

    sorry, ich versuche es präziser auszudrücken:

    Die Agressionsfrage (die ja letzlich hier eine "Kriegsschuldfrage" ist) ist mE nur über die Betrachtung der politischen Ebene zu beantworten, da "Krieg" dort und nur dort definiert wird. Napoleon kann also nur dort als Agressor betrachtet werden, wo er in seiner Funktion als 1. Konsul bzw. Kaiser gehandelt auf der politischen Ebene gehandelt hat. Ob er militärstrategisch oder operativ "agressiv" gehandelt hat, muss hier draussen bleiben. Da er politischer und militärischer Führer in Personalunion war, ist das schwer zu trennen, fühlt sich auch schizophren an, zugegeben.

    Das ist ein Blickwinkel den ich einnehmen kann, egal ob mir Napoleon persönlich sympathisch ist oder nicht (ist er nicht), ob ich mit einzelnen Massnahmen einverstanden bin oder nicht (bin ich oft nicht). Dieser Blickwinkel ist für mich der Versuch, ergebnisoffen und möglichst wertfrei zu einer Lösung der Fragestellung zu kommen, weil er objektive Beurteilungskriterien schafft. Er ist ergebnisoffen wie ein Werkzeug, ein Hammer, wenn Du so willst, mit dem ich gleichermassen etwas bauen wie auch kaputtschlagen kann.

    Zum Abschluss vielleicht noch ein sehr persönlicher Gedanke: Emotional und aus meinem soziokulturellen Background heraus fällt es mir manchmal durchaus nicht leicht, Napoleon Gerechtigkeit angedeihen zu lassen. Ich in Österreicher, als solcher lasten einige hundert Jahre national gefärbter Geschichtsrezeption auf mir. Ich bin seit über 30 Jahren Soldat (aktiv und Reserve), als solcher stehe ich in der gelebten Tradition der k. (u.) k. Armee und ist mir natürlich der weisse Rock näher als der franzblaue. Das prägt. D.h. wo ich - rational - mittels oben erwähnten Blickwinkels zu dem Schluss komme, dass N. im 3. Koalitionskrieg politisch nicht agressiv gehandelt hat, sondern defensiv, nur reagiert hat, ist er mir emotional deswegen nicht sympathischer, wirkt er deswegen im Bauch nicht weniger - "agressiv". (Deswegen sollten Bäuche ja auch nicht Geschichte schreiben... ;-)

    Ciao, Klaus

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  • derHerzog
    antwortet
    @Nikolaj Servus nach Wien!

    Danke für den anspruchsvollen Beitrag. Leider habe ich nicht genau verstanden, worum es Dir geht.

    Zitat von Nikolaj Beitrag anzeigen

    Meiner Ansicht nach ist die Agressionsfrage nur dann zu klären, wenn dieser Gesichtspunkt berücksichtigt wird.
    Warum?

    Napoleon war ab 1799 erster Konsul und damit politischer Führer und militärischer Führer in einem, wenn du das meinst.
    Allerdings gingen von ihm die folgenden Jahre, insbesondere gegenüber der dritten Koalition weder Kriegserklärungen noch Angriffe aus.

    Deine Ansicht kann man einnehmen, wenn man die Kriege von der Seite der Kriegsgegner her sieht, die haben sowohl Kriegserklärungen, als auch Angriffe gemacht.

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  • Nikolaj
    antwortet
    @Herzog, dem ich einleitend "Servus" sagen will und meine Anerkennung für seine stete Bemühung um Struktur und Sachlichkeit im thread.

    Dennoch:
    bei dem Satz: "Erst wer zum Krieg als politisches Mittel greift, ist Agressor im Sinne der Frage" hab ich als alter Soldat schon mal schlucken müssen.

    Seit Clausewitz´ Standardwerk "Vom Kriege" (1832) wird - und das ist bis heute unbestritten - "Krieg" als Instrument der Politik gesehen. Den Krieg als Selbstzweck, ohne politischen Zweck gibt es nicht. Aus diesem Gedankengang heraus resultiert ein Modell der Führungsebenen, das die

    1. politisch - strategische (gibt den Zweck des Krieges vor)
    2. militärisch - strategische (gebraucht Gefechte zum Zwecke des Krieges)
    3- operative (wurde erst post - Clausewitz definiert)
    4- taktische Ebene (gebraucht Streitkräfte zum Zwecke des Gefechts)

    definiert. (das Problem bei der Napoleon - Rezeption ist denn auch, dass er mindestens die beiden Obersten besetzt hatte und dass dies zwangsläufig oft vermischt wird)
    Dein Modell bzw. die von mir kritisierte Aussage tragen diesem Umstand insoferne teilweise nicht Rechnung, als sie die beiden obersten Führungsebenen nicht explitzit trennen. "Angriff" ist z.B. militärstrategische Ebene - "Kriegserklärung" politisch - strategische.

    Meiner Ansicht nach ist die Agressionsfrage nur dann zu klären, wenn dieser Gesichtspunkt berücksichtigt wird.

    Ciao, Klaus
    PS: Quellen hab ich mir erspart, der Wiki- Artikel "Clausewitz" ist als Einstieg brauchbar und gut verlinkt, C´s "Hinterlassene Werke!" gibts als Download bei Google - books und werden auch immer wieder neu aufgelegt, da auch aktuell noch immer Lehrstoff auf Militärschulen und -akademien.

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  • derHerzog
    antwortet
    Zitat von Chasseur Beitrag anzeigen
    Das Napoleon ein Agressor war, bejahe ich.
    Wenn man die Frage alleine nimmt, ist sie nicht sehr sinnvoll, weil eine agressive Politik damals absolut üblich war, bei fast allen Groß- und Mittelmächten.
    Ich habe im Verlaufe dieses Fadens festgestellt, dass es bei den Nutzern unterschiedliche Meinungen dazu gibt, was ein "Aggressor" ist.
    Dem habe ich Rechung getragen, indem ich am 15.02, 20.48 genauer festgelegt habe, was ich in meiner Frage unter einem Aggressor verstehe.

    Darin ging es mir einzig um die Frage, ob Napoleon tatsächlich Angriffskriege führte. Für dieses Kriterium habe ich mich u.a. entschieden, weil es eine allgemeingültige Definition dafür gibt. Hier nochmal in übersichtlich:

    Angriffskrieg bezeichnet die Kriegsführung eines Staates,
    bei der dieser als Angreifer einen anderen Staat auf dessen Territorium angreift, ohne dass
    1. a)der Angreifer oder
    1. b) ein anderer Staat entweder von dem angegriffenen Staat vorher selbst angegriffen worden wäre,
    2.ein solcher Angriff unmittelbar bevorstehen würde, oder
    3.der angegriffene Staat dem Angreifer den Krieg erklärt hätte oder
    4.Teile seines Territoriums besetzt hält.
    Dieser Ansatz ist auch gerade deshalb entscheidend, weil das Bild von Napoleon in der Gegenwart das eines "aggressiven Erobererers", der "Europa mit Krieg überzog", weil er eben "Angriffskriege" führte, ist. Als Beleg habe ich einige Quellen aus den Medien herangezogen.


    Auf einen kurzen Nenner gebracht, stellt sich folgende Frage:
    "griff Napoleon andere Länder an, um sie zu erobern?"wie man landläufig der Meinung ist,
    oder
    "konnte er andere Länder erobern, weil er u.a. angegriffen wurde?"

    Um Vorwärts zu kommen, sollten wir die Begriffe doch streng trennen.

    Die "agressive Politik", die angesprochen wurde, wurde von dir nicht genauer bezeichnet.
    Was verstehst du darunter?

    Wer eine expansive Politik um Vorherrschaft betreibt, ist noch lange kein Aggressor im genannten Sinne,
    sowas kann man als Machtpolitiker, oder Hegemonen bezeichnen.
    Wer Mittel der Repression, Einschränkung der Grundrechte, Willkür benutzt, ist ein Unterdrücker oder Diktator.
    Erst wer zum Krieg als politisches Mittel greift, ist Aggressor im Sinne der Frage. (ursprüngliche Fassung)

    Wer einen Angriffskrieg führt, ist Aggressor im Sinne dieser Frage. (geändert am 21.02.2012 auf einen Einwand Nikolais hin - http://www.napoleon-online.com/forum...0&postcount=61)

    Aber wie ich in meinem Beitrag vom 18.02.(http://www.napoleon-online.com/forum...8&postcount=38) ausgeführt hatte, gingen die Kriege meistens von anderen aus. Entweder von den Vorgängerregierungen Napoleons, oder von den Kriegsgegnern.

    Wegen seiner Folgen möchte ich den Fokus zunächst auf den 3. Koalitionskrieg legen.
    Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
    Da komm ich auch noch auf den 3. Koalitionskrieg, da wollte doch Napoleon schließlich England angreifen - eigentlich war die Armee an der Kanalküste doch für diesen Grund zusammengezogen worden - von wem ging dann der Krieg aus?
    England erklärte Frankreich im Mai 1803 den Krieg (Ausschlusskriterium 3 für Angriffskrieg. s.o.)
    Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
    Das politische Ziel Napoleons - Dominanz Europas - Etablierung einer eigenen Erbdynastie, Zerschlagung des Deutschen Reiches und dafür die Erschaffungs eines Gegengewichtes, Besetzung vieler Länder -, bedingunslose Unterwerfung aller anderen verbündeten Staaten unter seinen Willen und letztendlich die Niederwerfung Englands, nachdem es eben militärisch nicht geklappt hat - dann eben wirtschaftlich.
    Diese Ziele sind momentan nicht Gegenstand der Frage.Sie sind einen eigenen Thread wert nach dem Motto: "Napoleon, Unterdrücker oder nur Hegemon?"
    Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
    England hat sich eben Bündnispartner gesucht um dieser Drohung militärisch etwas entgegensetzen zu können - die Entwicklung diesen Prozesses habe ich ja mal ausführlich in einen anderen Thread dargestellt.
    Schön, hört sich interessant an. Kannst du uns bitte dazu noch einen Link einbauen, damit wir diesen Beitrag auch leicht finden und würdigen können?

    Weiterhin bleibt die spanische Frage:
    Zitat von KDF10 Beitrag anzeigen
    ... und der Angriff auf Spanien...
    Gab es einen "Angriff auf Spanien"?
    Soweit ich weiß, war Spanien Verbündeter von Frankreich und sie vereinbarten im Vertrag von Fontainbleau 1807 Durchmarschrechte für Frankreich.
    Spanien holte sich die späteren Besatzer dadurch selber ins Land.
    Die Übernahme der Macht in Spanien kann man als Unterdrückung oder Hegemonialpolitik bezeichnen, ist aber keine Aggression im Sinne meiner Frage (Angriffskrieg)
    Zuletzt geändert von derHerzog; 21.02.2012, 07:35.

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  • Tellensohn
    antwortet
    Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
    Bei Napoleon muss man halt aufpassen, durch sein Exil auf St. Helena hatter er genug Zeit sich für alles zu rechtfertigen und alle Schuld auf andere zu laden und so entstand ein dichtes Netz aus Lug und Betrug - dem immer noch geglaubt wird.
    Das hast du in diesem Forum schon x mal gesagt. Das nimmt ja fast schon pathologische Züge an. Ich kann's nicht mehr hören. Napoleons Memoiren sind nicht die einzigen Zeugnisse zu Napoleon, nicht alles, was Napoleon gesagt hat, ist Lug und Trug und nicht alle anderen Zeugnisse haben über Napoleon nur Schlechtes zu sagen. Diese ganze Diskussion beisst sich langsam in den Schwanz.

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  • HKDW
    antwortet
    Cronin, Tulard, Presser das sind meine Standardbiographien, ansonsten finde ich es immer sehr interessant - was Napoleon selbst so von sich gegeben hat - in seiner Correspondonce und wie er eben Leute behandelte - z.b. den Pabst und schließlich was andere Zeitgenossen so über ihn zu sagen wußten, mein Favorit - General Kleber - er ist nichts anderes als ein miserabler Charlatan.
    Bei Napoleon muss man halt aufpassen, durch sein Exil auf St. Helena hatter er genug Zeit sich für alles zu rechtfertigen und alle Schuld auf andere zu laden und so entstand ein dichtes Netz aus Lug und Betrug - dem immer noch geglaubt wird.

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